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Der Kongress Armut und Gesundheit schafft seit 1995 ein kontinuierliches Problembewusstsein für gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland. An drei Veranstaltungstagen tauschen sich Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft, Gesundheitswesen, Praxis und Selbsthilfe zu Themen gesundheitlicher Ungleichheit aus. Aktuelle Forschungsergebnisse werden ebenso diskutiert und vertieft wie neue Strategien, Lösungsansätze und Erfahrungen. Die vergangenen Kongresse haben bereits eine Vielzahl neuer Kooperationen auf den Weg gebracht und Entwicklungen und Diskussionen angestoßen.

Mit dem Engagement aller Akteur*innen und Teilnehmenden des Kongresses erfährt eine heterogene Gruppe von Menschen eine Lobby, die oftmals wenig Unterstützung erhält. 

Kongressprogramm

Intersektionale Perspektiven auf (sexuelle) Gesundheit

Hörsaal D

15:15 - 16:15

Moderation:

Laura Retznik, BZgA

Intersektionalität beschreibt Überschneidungen von verschiedenen Diskriminierungsformen bzw. individuellen Merkmalen, die nicht losgelöst voneinander zu betrachten sind. Das bedeutet, dass zum Beispiel soziale Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Einkommenssituation zusammenwirken oder sich wechselseitig verstärken. Insbesondere im Kontext der sexuellen Gesundheit spielt Intersektionalität eine zentrale Rolle. In der Session werden verschiedene Aspekte der sexuellen Gesundheit, aber auch des allgemeinen Wohlbefindens beleuchtet und der Blick auf diverse Gruppen und Lebensbereiche gerichtet.

Der erste Vortrag thematisiert das Projekt “herzfroh 2.0”, in dem Materialien zur Sexualaufklärung für Jugendliche und junge Erwachsene mit Lernschwierigkeiten entwickelt werden, die partizipative Einbindung der Zielgruppe in alle Projektphasen sowie die Chancen und Grenzen der partizipativen Qualitätsentwicklung.

Sexarbeitende/Prostituierte in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität befinden sich in einem doppelt, bzw. intersektional ausgegrenzten Feld. Der zweite Vortrag versucht die sich daraus ergebenden Vulnerabilitäten zu beleuchten, bei gleichzeitiger Anerkennung von  Handlungsspielräumen und Entscheidungsmacht der betroffenen Personen.

Der Beitrag zur Menstruationsgesundheit basiert auf einer repräsentativen österreichischen Umfrage sowie Fokusgruppe mit Expert:innen und richtet den Blick auf sozioökonomische Determinanten und Handlungsbedarfe in Hinblick auf Chancengerechtigkeit.

Die Vorträge geben einen Anstoß zur gemeinsamen Diskussion mit multilogen Perspektiven, auch über die behandelten Themen hinaus und laden ein, Strukturen und Systeme zu hinterfragen. 

 

Menstruationsgesundheit und soziale Gerechtigkeit: Status quo und Handlungsbedarfe

Anna Wahl, Tonja Ofner, Gesundheit Österreich GmbH, Koordinationsstelle Frauen- und Gendergesundheit

 

Menstruationsgesundheit umfasst medizinische, psychosoziale und soziostrukturelle Faktoren, die mit der Menstruation zusammenhängen (Hennegan et al. 2019). Ein chancengerechter Zugang zu Aufklärung sowie Bedingungen, die das menstruationsbezogene Wohlbefinden stärken, werden als zentrale Ziele der WHO definiert. In der repräsentativen Studie wurden 1.332 in Österreich lebende Mädchen*/Frauen* im Alter von 14 bis 60 Jahren befragt. Mädchen*/Frauen* mit niedrigerem persönlichen Einkommen und Haushalteinkommen (HE) sowie jene mit niedrigerem Bildungsstatus geben signifikant häufiger an, sich Menstruationsartikel nicht leisten zu können. Menschen mit niedrigerem HE und niedrigerer Bildung haben zudem häufiger Einschränkungen durch Menstruationsbeschwerden im Bereich der Care-Arbeit und sozialen Aktivitäten. Personen mit niedrigerer Bildung finden es darüber hinaus schwieriger, Informationen zur Menstruation von Ärzt:innen zu erhalten und Begriffe zu verstehen. Ergänzend zur Erhebung wurden mit 13 Expert*innen Bedarfe konkretisiert und Maßnahmen für Policy, Praxis und Forschung mit dem Fokus auf Chancengerechtigkeit identifiziert: Mädchen*/Frauen* mit Beeinträchtigungen, in Wohnungslosigkeit oder in institutionalisierten Unterkünften (z. B. Flüchtlingsunterkunft) können sich Menstruationsartikel häufig nicht leisten. Sie sind häufiger mit fehlenden sicheren bzw. barrierefreien Räumen für Menstruationsmanagement sowie fremdbestimmter Wahl bei der Verwendung von Menstruationsartikel konfrontiert. Besondere Beachtung auf FGM/C-betroffene Mädchen*/Frauen* gerichtet werden. In Zukunft bedarf es Fortbildungen für Fachpersonen, kultursensibler Aufklärungsarbeit zur Enttabuisierung und insbesondere kostenloser Menstruationsartikel.

 

herzfroh 2.0 - Entwicklung von Materialien zur Sexualaufklärung für junge Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung – Partizipative Einbindung der Zielgruppe

 

Laura Retznik, BZgA

Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung machen häufig geringer und später Erfahrungen mit Partnerschaft und Sexualität als Menschen ohne Beeinträchtigung. Viele von ihnen verfügen aufgrund unzureichender Sexualaufklärung und fehlender anschaulicher Materialien zur Sexualaufklärung in Einfacher Sprache über wenig sexualitätsbezogenes Wissen, unzureichende Kenntnisse über ihre Rechte und ein gering ausgeprägtes Körperbewusstsein.

Das Projekt „herzfroh 2.0“ ist ein Kooperationsprojekt der BZgA und der Hochschule Luzern mit dem Ziel, Lücken bei der Bereitstellung von Materialien zur Sexualaufklärung für die Zielgruppe zu schließen, indem die neuen Materialien direkt an sie adressiert werden. Somit erhalten sie Zugang zu einer fachlich fundierten Sexualaufklärung, die sie eigenständig oder mit selbstgewählter Assistenz nutzen können. Die Materialien leisten so einen Beitrag zu gesundheitlicher Chancengerechtigkeit und sozialen Teilhabe von jungen Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, wie es Artikel 9 der UN-BRK einfordert.

Die entwickelten Materialien „herzfroh 2.0“ in Einfacher Sprache umfassen sechs Themenhefte, eine pädagogische Handreichung und ein narratives Serious Game. Dem Projekt liegt eine partizipative Qualitätsentwicklung zugrunde. Vor dem Hintergrund des Public Health Action Cycle wurde die Zielgruppe in alle Projektphasen eingebunden. Die Überprüfung und Weiterentwicklung der Materialien erfolgte schrittweise mit Unterstützung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sowie einem Fachbeirat, bevor diese fertiggestellt und 2024 veröffentlicht werden. Bei der Entwicklung der „herzfroh 2.0“-Materialien zeigten sich Chancen wie auch Grenzen der erfolgten partizipativen Qualitätsentwicklung.

 

Zugang zu Hilfesysteme für Sexarbeiter_innen/Prostituierte in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität

 

Eva Klotz, CABL e.V.

Sexarbeit/Prostitution ist ein gesellschaftlich ausgegrenztes Feld. Sexarbeitende/Prostituierte in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität sind zusätzlich von rassistischen Strukturen betroffen und leben durch den versperrten Arbeitsmarktzugang meist in ökonomischer Prekarität. Die intersektional verschränkten Machtverhältnisse bringen vulnerable Lebenssituationen hervor.

Im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang „Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession“ habe ich den Zugang zu Unterstützung und Information für vietnamesische Sexarbeitende/Prostituierte in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität in Leipzig beleuchtet. Dafür wurden anhand von sieben Expert_inneninterviews bestehende potentielle Unterstützungsstrukturen auf ihre Ausgestaltung hin untersucht, sowie Hürden und Barrieren aufgezeigt, welche für Sexarbeitende/Prostituierte in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität im Zugang zu helfenden Systemen existieren. Im Ergebnis werden notwendige Veränderungen auf struktureller und institutioneller Ebene aufgezeigt. Gleichzeitig wird deutlich, dass neben gesetzlichen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen auch die sozialarbeiterische Praxis, sowie die Praxis verschiedener Gesundheitsdienste ihre Angebote anpassen und mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet sein müssen. Es zeigt sich, dass es sowohl in der Forschung als auch in der Praxis von Bedeutung ist, Vulnerabilitäten, welche sich aus strukturellen und gesellschaftlichen Machtdynamiken ergeben, zu beachten, ohne dabei koloniale Viktimisierungsdiskurse zu bedienen. Handlungsspielräume und Entscheidungsmacht der betroffenen Personen müssen dabei in besonderem Maße Anerkennung finden.

Themenfelder
  • Genderaspekte in Public Health
  • Partizipation
  • H4 - Persönliche Kompetenzen
Sprecher*innen
Tonja Ofner
Gesundheit Österreich GmbH, Koordinationsstelle Frauen- und Gendergesundheit
Anna Wahl
Gesundheit Österreich GmbH
Dr. Laura Retznik
BZgA, Deutschland
Eva Klotz
CABL e.V., Deutschland

Veranstaltungsort - Präsenzteil

Henry-Ford-Bau (FU Berlin)

Garystraße 35

14195 Berlin

 

Kontakt

Email: kongress[at]gesundheitbb.de

Tel: +49(0)30 44 31 90 73

Veranstaltungsort - Präsenzteil

Henry-Ford-Bau (FU Berlin)

Garystraße 35

14195 Berlin

 

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Email: kongress[at]gesundheitbb.de

Tel: +49(0)30 44 31 90 73